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Wenn einer eine Reise tut...

Little Smile Ferientrip 2016

Verwundert machen die wilden Elefanten kehrt, heute Nacht wird nichts aus der Brotzeit in unserer Bananenplantage. 3 Uhr, umgeben von stockdunkler Nacht ist in Little Smile Mahagedara zwar nicht der Teufel los und dank der menschlichen Betriebsamkeit auch keine Elefanten, aber etwa 100 junge Damen laufen aufgeregt durcheinander und ein nicht mehr ganz so junger Herr versucht das Ganze langsam in Richtung Bus zu lenken. In der Küche ist man auch schon fast fertig, Soja super scharf wird in 10 Liter Eimer geschüttet. Und dann ist wieder einmal Zeit für ein Wunder: 102 weibliche und 14 männliche Wesen (die Jungs sind schon am Vorabend aus Hill Top gekommen), mit reichlich Gepäck und dem Sojaeimer verschwinden in unserem Bus, offiziell einem 30sitzer. Nichts ist unmöglich! Auch nicht, dass ich meine 190cm auch noch unterbringe, teile mir meinen Platz  mit „nur“ vier Mädels, die gottlob weit weg davon sind auch fast 2 Meter groß zu sein. Und los geht’s!
Dank der vielen Kurven und all den eingeworfenen Antikotzpillen zum Trotz, noch vor Wellawaya geben die Ersten das Abendessen von Gestern von sich, Anka hatte vorsorglich die Tüten schon strategisch verteilt. Mein linkes Bein erwischt’s trotzdem. Riecht genau so, wie man sich 90 % verdautes Reis und Curry geruchlich so vorstellt. Zwei sind auf mir eingeschlafen darunter auch die völlig entleerte Kotzdame. Noch immer wird im Bus gesungen, eine Art Contest, tamilische gegen singhalesische Schlager. In Siyambalanduwa zeige ich den Kindern, die noch wach sind, die Polizeistation, wo man mich gefangen hielt, fast genau vor 5 Jahren. Hier verbrachte ich eine schlimme, unwirkliche Nacht bevor man mich im Gefängnis von Monaragala eingesperrt hat.  Gott, ist das alles weit, weit weg.
Irgendwo in der Steppe Richtung Ostküste erwacht der Tag, weitgehend unbemerkt von all meinen Kids die fast alle eingeschlafen sind. Uns begegnen noch zwei Elefanten und dann sind wir fast da, von Pottuvil sind es nur noch wenige Kilometer nach Arugam Bay, zum Meer.

Ein guter Bekannter von mir, Mureli, hat dort das Pacific Hotel gebaut, hier sind wir immer willkommen. Mureli schläft noch, macht aber nichts, wir wollen eh alle zuerst zum Meer. Die Sonne taucht aus dem Wasser auf und wir ein. Am 23. August um halb sieben am Morgen sehen viele der Kinder, die derzeit in Mahagedara und auf Hill Top leben, zum allerersten Mal das Meer.
Es ist einfach unbeschreiblich die Freude der Kinder und der meist ja auch noch sehr jungen Betreuerinnen mitzuerleben, jetzt am Morgen praktisch ungestört. Haben genau die Zeit erwischt, in der die Fischer schon zurück sind und die Touristen noch nicht da.
Kinder und Betreuerinnen baden, wie im Land üblich, in voller Kleidung, von den ganz kleinen mal abgesehen. Mureli taucht aus der Morgensonne auf im Ganzkörpersurfanzug, grelle Farbe und mindestens 2 Nummern zu eng. Man kennt ihn und sein Outfit hier und dank ihm kennen alle Strandpolizisten und Soldaten, die sich immer noch hier rumtreiben, schon bald unsere Geschichte. Gut 100 einheimische Mädels und nur drei Weiße, neben Anka und mir ist auch die Praktikantin Mirjam dabei, fallen auf. Hier am Strand in der Welt der Fischer und immer mehr der Touristen sind wir aus dem Bergurwald die absoluten Exoten, kommen aus einer anderen Welt oder doch zumindest einer anderen Zeit. Unsere Mädchen so ausgelassen, so unschuldig, so anders. Man lässt uns nicht nur in Ruhe, sondern hält uns auch die ersten Einheimischen weitgehend vom Leib. Schon in den frühen Morgenstunden betrunken, sind das nicht gerade die Leute, die ich mir in der Nähe unserer Kinder, besonders der Mädchen wünsche.
Die Wellen sind nicht schlimm, aber stellen für unsere Bergbewohner schon eine richtige Herausforderung dar. Ständig wird sich an mich geklammert, manchmal hängen so viele adrenalingeputschte Nichtschwimmer an mir, dass ich untergehe. Das Meerwasser schmeckt tatsächlich ziemlich salzig und anders als an der Südküste, bilde ich mir zumindest ein.
Ich schneide aufdringlichen Männern den Weg ab, besonders zu unserer Pushpa, die diese Typen, völlig ungewollt, anzieht wie das Licht die Motten, ich zeige, wie man schwimmt, halte fest, werfe Bälle, rolle auch mal mit den ganz Kleinen am Strand. Die Zeit fließt wie die Wellen und irgendwann sind wir schon mehr als 3 Stunden im Wasser. Wir laufen am Strand entlang,  es wird heiß, sehr heiß sogar. Dick eingecremte Touristen schleppen sich, ihr Surfbrett und den Kater von gestern Nacht zum Surfspot, wo sie dann, wie Heringe im Schwarm, auf ihre Welle warten. Wir wollen Muscheln sammeln, finden aber wenig. Vor einem Jahr beim letzten Meertrip waren wir da erfolgreicher. Noch einmal wollen Alle außer mir ins Wasser, ich muss aber und wie. Inzwischen sind die Touristen aufgewacht und ich habe alle Hände voll zu tun und schleudere manch bitterbösen Blick, um unseren großen Mädels die zahlreichen Verehrer vom Leibe zu halten. Irgendwann dann kommt mir der Hunger zu Hilfe und wir brechen auf.
Im Touristenort schauen all die Beachboys, Shopkeeper und was sonst noch so alles auf Touristen wartend an Strand und Straße herumlungert, unserer Karawane nach wie einer Fata Morgana. Stimmt schon, wir sind längst zu den Anderen, den Fremden geworden.

Vier Außenduschen und drei Schläuche befreien uns und all die Badekleidung von Salz. Die Kinder dürfen sich in drei Bungalows umziehen, kommen nun wie aus dem Ei gepellt in ihrem allertollsten Ausgehgewand. Viel Gelegenheit das zu tragen haben sie ja nicht. Mureli hat Brot besorgt, Saft machen lassen. Wir packen unser Sojacurry aus in der großen, offenen Halle des Pacific Hotels. Mureli läuft wie unter Strom herum, will es all den Kindern einfach schön machen, ist schon ein Lieber, fürchte zu lieb für das knallharte Strandbusiness, in jedem Fall aber zu weich für unser Curry. Gerade hat er Soja noch als sein liebstes Frühstück gelobt, beim zweiten Bissen bleibt ihm dann Sprache und Spucke weg. Ist halt schon was anderes als Eier im Glas und an Gewürzen wird in Little Smile nicht gespart, immerhin sind wir ja daheim wo der Pfeffer wächst.