Heiligabend im Jahr 2001
Meine liebe Little Smile Familie,
sitze hier in einem winterlich verschneiten Bayern und denke an Euch. Wenn ich die Uhr jetzt die fünf Stunden weiterdrehe, bei Euch ist es jetzt 6 Uhr am Abend. Irgendwie ist das ja die schönste Zeit. Wenn ich ganz leise bin dann meine ich, dass ich Euch hören kann. Ihr macht gerade Eure Vorführungen, Dramen, Lieder, Erandi spielt sicher auf der Orgel und ganz sicher tanzt Maheshi, Niluka und viele von Euch werden singen...... Bestimmt wird Namal nach seinem Teil wieder dieses Lächeln aufsetzen. Alle kann ich mir so gut vorstellen und auch wenn Ihr mich nicht sehen könnt, ich bin dabei, habe meinen Geist zu Euch geschickt.
In Deutschland feiern wir heute den Heiligen Abend. Birgit hat Euch sicher erzählt, was da vor langer, langer Zeit passiert ist. Auch ich möchte Euch eine kleine Geschichte erzählen und bitte Bandula, dass er sie Euch übersetzt:
Als 5jähriger Bub habe ich im Kindergarten kurz vor Weihnachten eine Art Theater eingeübt. Da ziehen ein Mädchen und ein Junge als Maria und Josef verkleidet, von Türe zu Türe und klopfen an. Sie bitten darum, dass man sie reinlässt ins Warme. Josef bettelt förmlich, beschwört die Menschen in den Häusern seine hochschwangere Frau doch aufzunehmen. Doch sie werden immer abgewiesen. Nun bekam ich die Rolle des Mannes, der die Bittenden weiterschickt, weil sie kein Geld haben. Das Ganze wurde gesungen und ich kenne noch jedes Wort und die Melodie, als sei es gestern gewesen. Wenn ich im Januar komme, kann ich sie Euch vorsingen.
Also weiter mit meiner Geschichte: Der erste Mann hatte keinen Platz und schickte Maria und Josef weiter, der Zweite, das war ich, fragte, wie viel sie bezahlen könnten. Da die Beiden arm waren und kein Geld hatten, musste auch ich sie wegschicken. Ich hatte keine Probleme mit meiner Rolle, Text und Melodie gut gelernt. Dann kam es in der Kindermesse am heiligen Abend zur Aufführung. Alle waren wir sehr aufgeregt, natürlich wollte keiner von uns einen Fehler machen vor so vielen Leuten. Maria und Josef wurden bei der ersten Türe nicht eingelassen, tippelten ein paar Meter und kamen zu mir. Und plötzlich fuhr es in mich, was ich da tun sollte. Maria, die das Christkind zur Welt bringen sollte, die musste ich jetzt in die Kälte schicken. Das ging doch nicht, das wollte ich nicht, das durfte ich nicht. Ich brachte keinen Ton heraus, das Mädchen, das Maria spielte, sagte mir ein, Josef sagte mir ein, aber ich wollte die Beiden reinlassen und nicht wegschicken, aber das war ja nicht vorgesehen. Ich glaube, damals haben sich alle für mich geschämt, für den kleinen, dummen Jungen, der seinen Text vergessen und die Vorstellung zum Stocken gebracht hatte. Auch ich habe mich geschämt, stand mit hochrotem Kopf vor all den Leuten. Stotternd habe ich Maria und Josef dann doch nach dem Geld gefragt und schließlich weitergeschickt.
Heute seid Ihr, jedes von Euch, meine Kinder und ich mache die Türe und mein Herz weit auf für Euch. Weil ich aber kein Haus hatte, in das ich Euch einlassen konnte, haben Bandula und ich Häuser gebaut. Weil aber Liebe mehr bedeutet als nur die Türe aufzumachen, weil Liebe auch immer Sorge um den geliebten Menschen heißt, haben wir eine Schule gebaut, eine Werkstatt, euren Spielplatz. Ihr seid hier nicht Gäste, Ihr seid Little Smile und Ihr seid meine Familie, meine Kinder, die ich sehr lieb habe.
Es gibt Menschen in Deutschland, einige kennt Ihr noch gar nicht, die werden heute, wenn sie unter dem geschmückten Weihnachtsbaum stehen, an Euch denken. Manuel, Marco, Sumalee und Elke gehören ganz sicher dazu.
Bestimmt kann Birgit Euch erklären, was wir meinen, wenn wir einem anderen Menschen von Herzen eine frohe Weihnacht wünschen.
Ich wünsche Euch allen, meinen Kindern,
Bandula und seiner Familie,
Euren Matrons Chitra, Shantamalar, Darshani und Damajanti,
den Tanten Indrani, Dibi, Lila und Dami und auch unserem Sia
von Herzen ein frohes Weihnachtsfest
Euer Lokudata